Der alternde Hund, ein hoch emotionales Thema, sind doch die Zeiten mit unseren geliebten Vierbeinern endlich. In diesem Blog Artikel soll es nicht um den offensichtlich alten Hund gehen, sondern um das Stadium davor, wenn man erste Wehwehchen gerne verdrängt oder nicht wahrnehmen möchte oder schlicht und ergreifend sich die Bedürfnisse des Vierbeiners verändern.
Ich hab einige Versuche gemacht, diesen Artikel zu schreiben und hab mich nun entschieden, euch von meiner Aurora zu erzählen, eine 8,5 Jahre alte Spinone Italiano Hündin, ein italienischer Vorstehhund. Allerdings kommt bei Aurora das Vorstehen nur auf dem Papier vor, stattdessen steht das Hetzen sehr hoch im Kurs. Es geht also um den aktiven alternden Hund, bei dem Veränderungen vielleicht nicht so deutlich oder einfach schwieriger zu erkennen sind. 

Willkommen, das ist Aurora: alles andere als ein alternde Hund?

Das ist das typische Aurörchen: sie liebt es, nach Mäusen zu stöbern und zu buddeln, sie rennt gerne, sie spielt gerne Ball und sie schwimmt  gerne. Alles palletti, sagt ihr?

Eben nicht ganz. An Kleinigkeiten merke ich, dass auch mein aktiver Hund älter wird: nach einer längeren Mäuschenbuddelrunde schleicht sie (erst, wenn sie wieder angeleint  ist) hinter mir her als wäre ich ne Rabenmama. Wenn sie schwimmen geht, schwimmt sie nicht mehr so weit raus, stürzt sich im Meer auch nicht mehr in die starke Brandung und auch das Ball spielen hat sich verändert: nach einigen Würfen bringt sie mir den Ball nicht mehr, sondern legt sich ein bisschen abseits hin und knautscht drauf rum.

der Jagdhund

Der Alterungsprozess – erste Beschwerden stellen sich ein

Der ein oder andere unter euch wird sagen: 8,5 Jahre, das ist aber doch noch kein Alter? Das ist es vielleicht nicht, aber Hand aufs Herz: mehr als die Hälfte bis zu 3/4 der Lebenserwartung ist erreicht. Die gemeinsame Zeit ist eben doch endlich… und die ersten Zimperlein sind erkennbar: der hintere Rücken autscht immer mal wieder, im Frühjahr wurden Blasensteine diagnostiziert und seit dem kommt es immer mal wieder zur Harninkontinenz.

Vielleicht gibt es auch einige unter euch die der Meinung sind: merkt ein Hund nicht, dass es ihm weh tut und nimmt sich dann zurück?

Ein klares Jein!

Stichwort selbstbelohnendes Verhalten – auch noch wichtig für den älter werdenden Hund?

Ball spielen, Flitzen, nach Mäusen stöbern, das alles sind Verhaltensweisen, die auch beim Jagdverhalten gezeigt werden. Beim Jagen wird ein bestimmter Neurotransmitter ausgeschüttet: das Dopamin. Dopamin treibt an, macht mobil und macht glücklich. Das Belohnungszentrum ist richtig aktiv. Wir alle sind immer danach bestrebt, dass das Belohnungszentrum ordentlich was zu tun hat. Wir möchten die Dopaminausschüttung, denn die macht Spaß und bringt eine extrem positive Emotionslage. Dafür nehmen wir auch in Kauf, über unsere körperlichen Grenzen zu gehen. Sprich: in dem Moment, wo der Hund hinter dem Ball her rennt, will er Ball spielen, auch wenn es ihn dolle anstrengt. Was lernen wir daraus? Noch lange nicht jeder Hund gibt „offen zu“, dass er eigentlich körperlich gar nicht mehr so sehr in der Lage zu Höchstleistungen ist. 

Hund am Meer

Und genauso geht es meinem Aurörchen. Wir haben alle die rosarote Brille bei unserem Hund auf. Auch ich hab am Anfang versucht, die Augen vor den beginnenden Rückenschmerzen zuzumachen – aber, sie sind eben da. Und ihr merkt, oft sind es nur die kleinen Dinge – wie das Knautschen auf dem Ball anstatt weiterhin weite Würfe zu bevorzugen – an denen man herausfindet, dass sich mein Hund verändert. Und schon sind wir wieder beim Thema Bedürfnisbefriedigung!

Bedürfnisse des alternden Hundes

Bedürfnisse ändern sich- ein Leben lang. Bleibt wach dafür und habt immer wieder ein Auge drauf. Denn das sind oft die ersten Anzeichen, an denen wir merken können, dass unsere Vierbeiner eine körperliche Baustelle entwickeln. Wir schauen uns wieder Aurörchen an:
Ganz bewusst aufgefallen ist mir die Veränderung beim Urlaub an der Nordsee. All die Jahre ist Aurora bei Strandspaziergängen immer und immer wieder ins Wasser, egal ob Brandung oder nicht. Hab ich ihr ein Spielzeug ins Meer geworfen, wollte sie es immer und immer wieder geworfen haben…
Wie sieht es jetzt aus? Sie möchte immer noch Spielis ins Wasser geschmissen haben, nach einigen Wiederholungen legt sie sich dann etwas abseits an den Strand und knautscht drauf rum. Natürlich ist Wasserspielzeug dafür nicht gemacht ;-). Also tausche ich gegen Futter … und schon will sie es wieder geschmissen haben. Offensichtlich ist das Hinterrennen eher Mittel zum Zweck geworden. Denn nach dem nächsten Wurf knallt sie sich wieder mit dem Spieli an den Strand. Und da ist es, das Dilemma, Hand aufs Herz: einige unter uns hätten die Veränderung im Spielverhalten möglicherweise gar nicht gemerkt. Es ist ja natürlich nicht so, dass das von einem Tag auf den anderen passiert. Auch bei Aurora brauchte ich schon ziemlich lange, bis ich es wirklich wahr haben wollte: ihr Bedürfnis ist es gar nicht mehr so sehr dem Spieli hinterher zu flitzen und zu schwimmen, sie ist vielmehr nach einigen Wiederholungen ganz fein damit, wenn sie einfach etwas zu knautschen hat… zumindest würde ich mich nicht immer wieder einklinken und das Spieli retten wollen.

Spielen und Toben mit dem älteren Hund? Ja oder nein?

Und was nun? Darf ich dann meinen alternden Hund sich nicht mehr auspowern lassen?
Na ja, zwei Herzen sind in meiner Brust. Die Physiotherapeutin in mir würde sagen: „auf keinen Fall mehr Sprints und abruptes Abstoppen, Haken schlagen oder buddeln auf hartem Boden…“
Aber ist das Leben eines Jagdhundes dann nicht ganz schön langweilig? Vor allem, weil ich sie dann ja auf dem Gassi zu 100 % anleinen müsste. Ihr merkt, das wäre alles andere als bedürfnisbefriedigend.

Die Verhaltenstherapeutin in mir ist der Meinung: gemeinsames Spiel, Erkundungsverhalten im eigenen Tempo machen gute Laune und vor allem gehören sie zu den Grundbedürfnissen unseres Hundes. Unsere Vierbeiner sollten regelmäßig die Möglichkeit haben, ihre favorisierten Verhaltensweisen ausleben zu können. Wir wollen doch alle einen emotional ausgeglichenen Hund.

Aber: natürlich tut es Not, das Spiel- und Jagdverhalten an die aktuellen Bedürfnisse anzupassen! Und dazu gehört auch die Vermeidung oder Linderung von Schmerzen. Ihr merkt, die Mitte macht es.

6 Punkte die euch helfen, gemeinsam mit eurem Hund bis ins hohe Alter Spaß zu haben:

  • schaut euch immer wieder die Bedürfnisse eures Hundes an: haben sich bevorzugte Verhaltensweisen verändert?
  • wenn ihr mit eurem Hund unterwegs seid, denkt nicht an Strecke machen sondern vielmehr an gemeinsame Qualitätszeit: macht immer wieder kleine Pausen mit Beschäftigungsangeboten. eine kleine Futtersuche, Balancieren auf Baumstämmen, einfach mal die Umwelt beobachten…
  • wenn ihr mit eurem Hund Ball spielt: bringt dem Hund verschiedene Aktionen mit dem Ball bei. Den Ball suchen oder ihn einfach fangen (zumindest wenn ihr gut werfen könnt und der Vierbeiner dafür nicht hochspringen muss) sind schonender für den Bewegungsapparat als dem Ball hinterher hetzen! Aber natürlich darf das Hetzen mit auf dem Programm stehen: aber eben nur 2-3 Wiederholungen, dann macht ihr mit dem Ball wieder andere Interaktionen
  • wärmt euren Vierbeiner vor dem Spiel auf: geh ein paar weite Bögen in mäßigem, danach in etwas höherem Tempo, lass dann die Bögen etwas kleiner werden. Jetzt könnt ihr loslegen!
  • achtet darauf, wie euer Hund signalisiert, dass er eine Spielpause braucht. Macht er es wie Aurora, legt sich hin und will knautschen? Dann gebt eurem Hund etwas zu kauen! Ein Tau oder anderes Spieli, wo knautschen angeregt wird und euer Hund zufrieden ist. Lasst ihm ruhig eine Weile das Spieli, bevor es weiter geht. Vielleicht will er es auch noch eine Weile tragen? Auch fein!
  • es ist überhaupt kein Drama, wenn dein Liebling mal über seine Grenzen gegangen ist. Wichtig: am nächsten Tag folgt mindestens ein Ausgleichstag, an dem Wellness dran ist!

Und genauso halten es Aurörchen und ich: 

es gibt nach wie vor eine bunte Mischung an bevorzugten Verhaltenseisen, aber ich schaue, dass sie immer wieder Pausen hat und passe die Beschäftigungsvarianten ihrem körperlichen Zustand an. Auch wenn es mal zu viel war und sie in dem Moment halt nen Flitz hatte, dann freu ich mich wie Bolle und dann ist das auch mal in Ordnung. Denkt aber bitte dran: natürlich darf ein regelmäßiger Gesundheitscheck nicht fehlen! Da hat Aurora natürlich den Luxus: sie hat ihre eigene Physiomutti im Haus! Trotzdem lasse ich zusätzlich regelmäßig (mindestens einmal im Jahr) ihr Blut kontrollieren und die inneren Organe im Ultraschall checken.
Es ist eben wie bei uns: Vorsorge ist wichtig.

Blick ins Feld

In diesem Sinne, bleibt wach für Veränderungen, auch wenn sie noch so klein sind. Und vor allem: genießt die gemeinsame Zeit mit eurem Hund, habt Spaß und erlebt bewusste Momente. Aurora und ich haben beispielsweise diesen September einen „Mutti-Urlaub“ gemacht: nur wir beide, ohne den anderen zwei- und vierbeinigen Anhang. Eine Woche, die ich nicht missen möchte. Also: passt auf eure Vierbeiner auf. Auf eine tolle gemeinsame Zeit.

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